KlimaKiez Badstraße

Mit der Mission, den Badstraßenkiez im Berliner Wedding dem sich verändernden Klima anzupassen, haben wir zusammen mit den Anwohnenden eine Klimastrategie entwickelt. Wir suchten nach Ideen und Lösungsansätzen, die den dicht bebauten und durch ein hohes Verkehrsaufkommen geprägten Kiez trotz zunehmendem Hitzestress, Trockenheit und häufigeren Starkregenereignissen lebenswert machen.

Zum Projektstart im Jahr 2019 waren wir mit unserer mobilen Erfrischungsstation im Kiez unterwegs und haben Bürgersteiggespräche geführt. Danach stand eine SWOT-Analyse an: die Ergebnisse aus Datenauswertungen und einer ersten Online-Befragung haben wir in einer Klimakarte zusammengeführt, die neben stickigen, stark versiegelten Orten auch angenehm schattige Wege und Potenzialflächen für neue Aufenthaltsorte ausweist. Im Rahmen von zahlreichen Events, Workshops, Bürgersteiggesprächen und Klimawerkstätten haben die Anwohner:innen auf dieser Basis Visionen für verschiedene Hot Spots im Kiez entwickelt. Zu diesen Orten mit Potenzial zur Klimaanpassung gehört unter anderem die Bellermannstraße der Zukunft oder ein neuer Quartiersplatz an der Eulerstraße mit viel Schatten und Grün. In vier Online-Befragungen haben die Anwohnenden zunehmend detaillierte Visionen für den Kiez mitentwickelt oder Stellung zu den von uns gemachten Vorschlägen bezogen. Am Ende der Online-Beteiligungen stand jeweils eine Klimawerkstatt. Hier haben wir teils vor Ort, teils hybrid, über den jeweiligen Zwischenstand des Projekts informiert, die Ideen der Anwohnenden zur Klimaanpassung auf Kiezebene fortgeschrieben und mit Expert:innen diskutiert.

Neben der Klimastrategie war die Sensibilisierung der Bürger:innen für Klimaschutz und Klimaanpassung im Kiez ein Ziel des Projektes. Mit „Klimaoasen“ konnten wir das Thema niederschwellig und für alle sichtbar im Stadtraum platzieren. Die Schattenanhänger – zwei begrünte PKW-Anhänger mit Sitzecken, Pflanzbeeten und Sonnensegeln – besetzten wechselnde Parkplätze und schufen so grüne Treffpunkte im Straßenraum. Nachdem der erste Anhänger erfolgreich im Kiez für nachbarschaftlichen Austausch sorgte, wurde der zweite Anhänger durch den sozialen Träger Gangway e.V. und die dort aktiven Jugendlichen selbstgebaut. Das räumliche Potenzial der Verkehrsflächen konnten die Anwohnenden auch beim Bellermannstraßenfest entdecken. Hierfür ließen wir einen Abschnitt der Bellermannstraße ganztägig für den Verkehr sperren und bespielten ihn gemeinsam mit vielen anderen Kiezprojekten. Außerdem gab es mit Walk-by-Konzerten, Straßenbaumworkshops, einem Klima-Spaziergang und einer Saubermachaktion weitere vielseitige Beteiligungsangebote.

Im Ergebnis der fast dreijährigen Projektarbeit im Badstraßenkiez ist so eine Klimastrategie entstanden. Sie zeigt eine Vision für den klimaangepassten Badstraßenkiez auf und schlägt konkrete Maßnahmen vor, deren Umsetzung in den kommenden Jahren folgen soll. Bereits in der Umsetzung befindet sich der „Bellermanngarten“, ein Gemeinschaftsgarten auf der Fläche einer durch das Bezirksamt errichteten Diagonalsperrung. Ein gemeinschaftliches Gärtnern im Straßenraum? Der Bellermanngarten wurde im Aufbau und der Etablierung von uns unterstützt: von der Aktivierung der Bürgerschaft, der gemeinschaftlichen Planung des Gartens, dem Genehmigungsprozess bis zum Bau des Gartens mit ersten Pflanzungen. Wir begleiten die im Prozess entstandene Gartengruppe bis hin zu ihrer Selbstständigkeit. Seit dem zweitägigen Bauworkshop und der großen Eröffnungsfeier im Juli gedeiht der Garten prächtig.

Das Projekt wurde mit einer Anerkennung beim Bundespreis Stadtgrün für „Klimaanpassung und Lebensqualität“ ausgezeichnet, der herausragende Leistungen von Städten und Gemeinden in der Freiraumentwicklung würdigt. Wir freuen uns, bei dem unter dem Motto „Klimaanpassung und Lebensqualität“ stehenden Preis unter den 85 Einreichungen zu den neun ausgezeichneten Projekten zu gehören.

Der nächste Schritt ist nun die Planung und Umsetzung des nächsten Potenzialortes im Kiez: einem temporären Quartiersplatz an der Ecke Eulerstraße und Jülicher Straße. Auch hier haben wir die Chance, auf einem gesperrten Stück Straße die Umnutzung von einer monofunktionalen Verkehrsfläche zu einem gemeinschaftlich genutzten und gepflegten multicodierten Freiraum im Kiez zu erproben.